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Big Tech goes MAGA

Allgemeine KI als reaktionäre Utopie

Transformation zum autokratisch-faschistoiden ‚Fortschrittsprojekt‘

Die fundamentale Schwäche der westlichen Zivilisation ist die Empathie.“ (Elon Musk)1

Das Zusammenwirken von rechtsextremen Autokratie-Anhängern und Faschisten mit reaktionären Tech-Feudalisten erreicht in den USA ein neues Bewegungsniveau. Die sogenannte Tech-Oligarchie stellt dabei nicht nur Technologien zur Verfügung, die insbesondere rechtsextremen Bestrebungen nützlich sind, sondern befeuert aktiv einen breit angelegten rechten Kulturkampf. Ihr radikal anti-demokratisches Technologieversprechen dient dabei als visionäre Fortschrittserzählung, die angesichts einer allgemeinen Utopiearmut in der Mehrfachkrise mehr und mehr verfängt.

In dieser Arbeit wollen wir die politischen Ambitionen der ‚Tech-Oligarchie‘ untersuchen. Dabei stoßen wir auf einen politisch gefestigten Kern, Radikalisierte und Mitläufer. Alle drei Kategorien tragen mit ihrer enormen Reichweite massiv zum Hegemonieprojekt einer (ultra-)rechten Technokratie bei. Die beiden ersten Kategorien fußen dabei auf einem stabilen (pseudo-)philosophischen Weltbild, dessen Wurzeln in der Eugenik zu finden sind. Und tatsächlich finden wir eine zunehmende Enttabuisierung der Einteilung von wertvollem und weniger wertvollem Leben – sowohl bei den Tech-Protagonisten wie z.B. Elon Musk und Peter Thiel, als auch bei dessen Polit-Zögling, dem derzeitigen US-Vizepräsidenten J.D. Vance.

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Renaissance der Atomenergie für eine beschleunigte KI ?

Seit der Software-Konzern OpenAI im Winter 2022 mit der Veröffentlichung des „großen Sprachmodells“ ChatGPT den aktuellen Hype um die sogenannte künstliche Intelligenz (KI) auslöste, steigt bei den Tech-Giganten der Strombedarf stark an. So stark, dass unter anderen die Branchenriesen Microsoft und Google ihre noch 2020 selbstgesteckten CO2-Einsparziele auf unbestimmt nach hinten schieben.

Microsoft verkündete im Pandemiejahr 2020 selbstbewusst, dass das Unternehmen ab 2030 einen „negativen C02-Fußabdruck“ vorweisen werde – also mehr CO2 ‚ausgleichen‘ als emittieren werde. Ab 2050 wolle es gar „den gesamten Kohlenstoff aus der Atmosphäre entfernen, den das Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 1975 entweder direkt oder durch seinen Stromverbrauch emittiert hat.“ Wie wenig fundiert das Versprechen von Microsofts CEO Satya Nadella war, beweist sein Zusatz auf eben jener Konferenz: „Die Lösung des C02-Problems wird Technologien erfordern, die heute noch nicht existieren“. Microsoft macht dazu zumindest Andeutungen. Nadella verweist auf die Prototypen gigantischer CO2-Staubsauger der ETH Zürich, die leider selbst wiederum extrem viel Strom verbrauchen um CO2 aus der Umgebungsluft zu filtern und später unterirdisch zu lagern. Zum anderen setzen Microsoft, aber auch Google, Amazon, Meta und Oracle unverhohlen auf einen alten Dinosaurier – die vermeintlich saubere Atomenergie.

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Bullshitting – Normalisierung des Postfaktischen

Die derzeitige Stärke autoritärer und rechtspopulistischer Strömungen weltweit fällt zusammen mit einer wachsenden Verunsicherung durch multiple Krisen (Klimazerstörung, Krieg, unaufgearbeitete Pandemie, …) und einem massiven Bedeutungszuwachs ‚sozialer‘ Medien innerhalb der letzten fünf Jahre.

Wir beschreiben mehrere, sich gegenseitig verstärkende Wirkmechanismen der Krisenhaftigkeit und einer algorithmischen Debatten-Polarisierung innerhalb ‚sozialer‘ Medien im Kontext der US-Präsidentschaftswahlen des Jahres 2024. Wie verändern große Sprachmodelle wie ChatGPT die politische Topologie des digitalen Informationsraums? Konkret gilt es zu untersuchen, wie das Wechselspiel von ChatGPT mit ‚sozialen‘ Medien die Normalisierung von Falschinformationen vorantreibt und wie rechter Populismus von eben dieser Zersetzung der Faktizität in ein polarisiertes Nebeneinander bloßer ‚Meinungen‘ auch über die ‚sozialen‘ Medien hinaus profitiert.

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“Ist das schon kaputt?” – Eine vorläufige Einordnung des Angriffs auf das Tor-Netzwerk

von capulcu & friends

Mitte September wurde durch Recherchen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Panorama und STRG_F) bekannt, dass das BKA und die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt a.M. erfolgreich einen Deanonymisierungsangriff im Tor-Netzwerk durchgeführt haben. Sie konnten so den Betreiber der Pädoplattform Boystown identifizieren und festnehmen. Dazu betrieben sie eigene Tor-Knoten und überwachten Teile des Netzwerks über mehrere Jahre und Ländergrenzen hinweg. Der Angriff wirft die Frage auf, ob Tor und Tails noch sicher sind. In diesem Text wagen wir den Versuch einer vorläufigen Auswertung auf Basis der spärlichen öffentlich zugänglichen technischen Informationen und geben einige Handlungsempfehlungen zur sichereren Verwendung von Tor. Denn Tor bleibt das beste verfügbare Werkzeug, um die eigene Identität im Internet zu verschleiern. Wer sich nur für die praktischen Folgen und nicht für die technischen Details des Angriffs interessiert, kann ab dem Abschnitt, „Gesundheit des Tor-Netzwerks“ anfangen zu lesen.

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Der kommende KI-Winter

Veranstaltungsreihe:

16.10.24 Winterthur | 17.10.24 Basel | 18.10.24 Bern

Große Sprachmodelle wie ChatGPT haben Millionen von Menschen beeindruckt und dazu bewegt, mit ihnen Texte, Bilder und Videos zu erzeugen. Und das obwohl die Ergebnisse vielfach nur oberflächlich überzeugen. Mittlerweile ‘droht’ der Hype um diese Form von Künstlicher Intelligenz (KI) abzukühlen. Die Branche kann den selbst geweckten Erwartungen, dass hier etwas erwächst, dass schon bald ‘intelligenter’ als wir sein wird, nicht gerecht werden. Wir blicken hinter die Kulissen und ergründen warum maschinelles Lernen auf die Rolle eines statistischen Papageis beschränkt bleibt und differenziertes Denken weiterhin unser Job sein wird.

Das Ringen um die technologische Vorherrschaft auf diesem Sektor geht trotz Ernüchterung unvermittelt weiter. Es ist ideologisch, ökonomisch und sogar militärisch insbesondere in der sich zuspitzenden USA-China-Krise um eine neue multipolare Weltordnung zu bedeutsam. Die Produktion von Höchstleistungschips für das aufwändige KI-Training sowie der Betrieb dieser Modelle in neuen Rechenzentren schlucken hunderte von Milliarden und sind verantwortlich für eine exzessive Verschwendung von Strom, Wasser, Metallen und seltenen Erden. Die Ökobilanz der Tech-Riesen verschlechtert sich durch den Ausbau von KI-Anwendungen drastisch – die vor wenigen Jahren selbstgesteckten Ziele von Google, Microsoft und Co, schon bald ‘klimaneutral’ zu operieren, werden nun um Jahrzehnte nach hinten geschoben!

Wir diskutieren die komplexen Krisen-Auswirkungen der KI und fragen, an welchen Punkten es möglich sein könnte, der zerstörerischen Tech-Transformation nicht mehr nur zuzuschauen, sondern politisch einzugreifen.

Chipproduktion in der Multikrise

Die materielle Seite künstlicher Intelligenz

Von capulcu

Einleitung

Der Hype um sogenannte „künstliche Intelligenz“ (KI) erscheint uns in den meisten Debatten in rein virtueller Gestalt; als Versprechen einer quasi voraussetzungsfreien Automatisierung nahezu aller Lebensbereiche durch eine tiefgreifende Neugestaltung von Mensch-Maschine-Interaktionen auf der Basis menschlicher Sprache. Die politisch-ökonomischen Konsequenzen dieses technologischen Sprungs, insbesondere die Verstärkung gesellschaftlicher Ungleichheit und Abhängigkeit von einem technokratischen Oligopol (= die wenigen Hüter:innen der großen Sprachmodelle) haben wir bereits in Die Goldgräber der Künstlichen Intelligenz diskutiert.

Eine politisch relevante Verengung breiter Diskurse durch eine Überhöhung des Mainstreams gepaart mit einer zu erwartenden Rechtsverschiebung haben wir in ChatGPT als Hegemonieverstärker untersucht. Die Wechselwirkung sozialer Medien mit Sprachgeneratoren wie ChatGPT reduziert nachweislich diskursive Diversität und fördert gesellschaftliche Fragmentierung.

In diesem Text soll es bewusst um die materielle Seite künstlicher Intelligenz im Kontext mehrfach verschränkter Krisen gehen – insbesondere die ökologische Krise in Verbindung mit der Krise neuer Kriege um eine multipolare Weltordnung. Unser erster Text Klima – das grüne Vehikel der KI-Offensive hat das Thema bereits angerissen. Die KI entpuppt sich hinsichtlich der Klimazerstörung als Brandbeschleuniger und nicht, wie vielfach herbeifantasiert, als zentrales Lösungswerkzeug eines für den Menschen zu komplexen Optimierungsproblems.

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ChatGPT als Hegemonieverstärker

EN: ChatGPT AS HEGEMONY BOOSTER
IT: ChatGPT COME STRUMENTO PROMOTORE DELL’ EGEMONIA

Eine Gesellschaft mit unechten Menschen, die wir nicht von echten unterscheiden können, wird bald gar keine Gesellschaft mehr sein.1 (Emily Bender, Computerlinguistin)

Die Künstliche Intelligenz (KI) erlebt aktuell ihren iPhone-Moment. ChatGPT hat einen beispiellosen Hype um künstliche Intelligenz ausgelöst. Innerhalb von zwei Monaten haben mehr als 100 Millionen Menschen weltweit die neue Technik ausprobiert.

Sprachmodelle – keine Wissensmodelle

Der Chatbot2 ChatGPT basiert auf einem sogenannten großen Sprachmodell, das wir uns wie einen sehr großen Schaltkreis mit (im aktuellen Fall von GPT-4) einer Billion justierbarer Parameter vorstellen können. Ein Sprachmodell beginnt als unbeschriebenes Blatt und wird mit mehreren Billionen Wörtern Text trainiert. Die Funktionsweise eines solchen Modells ist, das nächste Wort in einer Folge von Wörtern aus dem ‚Erlernten‘ zu erraten. Die Bedeutung von Worten ist für ein Sprachmodell lediglich die statistische Erfassung des Kontexts, in dem sie auftauchen.

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Die Goldgräber der Künstlichen Intelligenz

Zweiter Teil unserer kritischen Textreihe zu KI.

Ende Mai 2023 wird ein kurzes Statement1 veröffentlicht, welches vor der Auslöschung der Menschheit durch Künstliche Intelligenz warnt. Unter das Statement haben Koryphäen der KI-Forschung, CEOs von KI-Unternehmen wie OpenAI und weitere prominente Figuren des Tech-Sektors ihre Unterschrift gesetzt. Diese apokalyptische Warnung reiht sich ein in eine ganze Serie gleichartiger Aussagen2 von Personen und Institutionen aus dem genannten Dunstkreis. Eric Schmidt, Ex-CEO von Google und jetzt Regierungsberater, warnt vor Tausenden von Toten. Sam Altman, CEO von OpenAI, der Entwicklungsfirma von ChatGPT, fleht die US-Regierung an, Regulatorien für die Branche zu erlassen.3

Es ist schon etwas verwunderlich, dass ausgerechnet diejenigen vor einer Technologie warnen, die sie selbst mit Macht und viel Geld auf den heutigen Stand gebracht haben. Sie erscheinen wie Goethes Zauberlehrling, der die Geister, die er rief, nicht mehr unter Kontrolle hat. Nichts könnte falscher sein.

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